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Mein neuer Blick auf den Profitriathlon

Schon in Kindheitstagen träumte ich davon, Sportprofi zu sein und einmal bei großen Wettkämpfen an den Start gehen zu dürfen. Im frühen Erwachsenenalter wurde mir aber klar, dass ich einerseits zu spät mit dem Leistungssport angefangen hatte und vermutlich auch nicht das nötige Talent besitze, um diesen Traum Realität werden zu lassen und habe anstatt dessen ein Sport- und Deutschstudium begonnen, um Lehrer zu werden. Nichtsdestotrotz blieb über all die Jahre dieser Kindheitstraum aber in meinem Gedächtnis hängen und es gab einige Tage, an denen ich mit Ende 20 immer noch dachte, dass es doch noch möglich wäre. Die einen mögen dies als fehlenden Realitätssinn bezeichnen, ich sehe es tatsächlich eher als Vorteil an, weil es mich nach wie vor neugierig, visionär und abenteuerlustig macht, was einigen Erwachsenen in meinen Augen zu schnell abhanden kommt. Auch der Podcast war letztlich eine sehr spontane Geschichte, die mir jetzt aber sehr viel Erfüllung bringt und bisher weit besser läuft, als ich es im Dezember erwartet hatte. Durch Klartext Triathlon habe ich die Möglichkeit, mit Menschen zu sprechen, die meinen Kindheitstraum des Sportprofis leben. Diese Gespräche haben meine Sichtweise auf den Profisport nachhaltig verändert und ich erachte ihn zum Teil nicht mehr für so erstrebenswert, wie es schon einmal der Fall war, wenngleich meine Bewunderung für den Profisport nach wie vor ungebrochen ist. Warum das so ist, werde ich euch in diesem Beitrag erzählen.



Der große Traum vieler Sportler- das Hobby zum Beruf machen


Ich habe mit ganz unterschiedlichen Athleten gesprochen, teilweise können sie komfortabel vom Sport leben, bei einigen geht es durch eine gute Vermarktung und bei wiederum einigen wird die Luft ganz dünn, sodass sie neben dem Profisport noch normalen Jobs nachgehen müssen oder aber extrem sparsam sein müssen. Was aber alle gemeinsam haben, ist, dass sie für den Schritt in den Profisport ein gewisses, vor allem finanzielles Risiko eingehen mussten, um ihren Traum zu leben.

Sehr viele Menschen träumen davon, das eigene Hobby zum Beruf zu machen. Warum das so ist, liegt klar auf der Hand. Das Hobby wird mit Freizeit assoziiert, in der man etwas für sich tut, Spaß hat und sich ein wenig darin verliert. So ist es bei mir beispielsweise nach wie vor beim Sport, insbesondere dann, wenn ich körperlich sehr fit bin. Ich bin sehr sicher, dass bei jedem Sportprofi dieser Traum auch erst einmal existierte, ehe der Traum zur Wirklichkeit wurde. Nur wird dadurch, dass man das Hobby zum Beruf macht, aus Spaß ein gewisser Ernst, da nun mit der eigenen sportlichen Leistung und noch vielen anderen Dingen, die hinzukommen, das eigene Auskommen finanziert werden muss. Doch sobald man Sportprofi wird, realisiert man so richtig, dass man sich eben nicht nur auf das Training, die Ernährung und die Regeneration fokussieren kann, sondern noch viele andere Dinge, insbesondere hinsichtlich der Vermarktung, bewältigen muss. Es liegt also eine veränderte Situation vor, mit der sich nicht jeder gleich leicht oder schwer tut...


Wie finanziere ich den Profisport?


Die größte Sorge eines jeden Profitriathleten ist zunächst einmal die der Finanzierung des eigenen Lebens, zumal der Triathlon eher zu den Sportarten zählt, in denen hohe Grundkosten entstehen, die irgendwie getragen werden müssen. Manche der Profis schaffen es, in einem Team unterzukommen und sich auf diese Weise zumindest ein sicheres Auskommen zu sichern. Jedoch schränkt ein Team die individuellen Freiheiten, vor allem hinsichtlich des Materials, ein, was gegebenenfalls zu einem Wettbewerbsnachteil werden kann. Wenn man in keinem Team unterkommt oder das nicht möchte, ist man mehr oder weniger auf sich allein gestellt und muss versuchen, Sponsoren zu finden, was auch nicht immer leicht ist, da gerade seit 2020 die Bereitschaft von Unternehmen, in den Profisport zu investieren, eher geringer geworden ist. Für den Sponsor ist jeder Sportler mehr oder weniger eine Marke, die wiederum der eigenen Marke einen Mehrwert und wirtschaftlichen Profit generieren soll. Aufgrund dessen, dass der Triathlon eben nicht Fußball ist, sind die meisten Athleten froh, wenn sie einen Sponsor finden, der ihnen zumindest Materialkosten abnimmt, sodass sie in Anführungsstrichen nur noch das normale Leben finanzieren müssen. Dennoch zeigt dies klar, dass die Sponsoren eindeutig am längeren Hebel sitzen. Nur bei wenigen Spitzenathleten zahlt der Sponsor auch eine Art Gehalt. Dessen ist man sich aber häufig gar nicht bewusst, wenn man an den Profitriathlon denkt, weil Jan Frodeno, Sebastian Kienle und Patrick Lange sicherlich nicht am Hungertod nagen. Aber tatsächlich braucht der Profitriathlon auch die Athleten aus der zweiten Reihe, diese werden jedoch zu häufig vergessen. Die PTO hatte in den letzten beiden Jahren dieser Tatsache entgegenwirken wollen, aber durch die Entscheidungen der jüngsten Vergangenheit eher eine Kehrtwende vollzogen, was ich sehr schade finde.


Die Vermarktung ist manchmal wichtiger als die sportliche Leistung


Ein weiterer wichtiger Punkt, der zu beachten ist, ist social media. Längst sind die Zeiten vorbei, in denen ein Sportler durch das Tragen eines Einteilers und ein paar Interviews seine Verpflichtungen gegenüber den eigenen Sponsoren erledigt hatte. Die Sponsoren aber auch die Follower erwarten regelmäßige Posts, um am Leben der Athleten teilzuhaben. Dem ein oder anderen liegt es mehr, ein professionelles Instagramprofil zu pflegen, dem ein oder anderen weniger. Mir würde es beispielsweise mittlerweile Spaß machen, meinen Instachannel zu gestalten, weil ich gerne etwas von mir preisgebe und auch gerne kreativ bin. Jedoch ist dies eben nicht jedermanns Sache, ich würde sogar so weit gehen, dass sich einige, eher introvertierte Athleten sogar sehr unwohl damit fühlen, es aber in irgendeiner Weise trotzdem machen, weil es eben so erwartet wird. Daher war ich auch von Thomas Steger sehr beeindruckt, da er keinen Hehl daraus gemacht hat, dass er keine größeren Investitionen in seinen Auftritt bei social media stecken will. Zudem führt social media dazu, dass die sportliche Leistung, die in meinen Augen dann doch die primäre Messlatte für den Begriff Profisport sein sollte, in den Hintergrund rückt. Nicht selten sind sportlich weniger erfolgreiche Leute, die einen sehr guten Auftritt in den sozialen Medien haben, finanziell besser aufgestellt als Athleten, die sich auf den sozialen Medien weniger präsentieren.



Finanzielles Risiko


Wie ich eben schon angedeutet habe, spielen finanzielle Aspekte im Profitriathlon eine entscheidende Rolle. Tatsächlich ist es so, dass das Leben des Traums vom Profisport häufig mit einem sehr sparsamen Leben einhergeht. Per se ist dies nichts Negatives, aber man muss bereit sein, gewisse Abstriche in der Lebensqualität zu machen. Ich finde es immer bewundernswert, wenn Menschen ihre Träume verwirklichen wollen und hierfür alles aufs Spiel setzen, teilweise sogar einen sicheren Job. Wenn es gut geht, ist man im Nachhinein der große Held. Jan Frodeno hatte nur einen Plan A und wurde mit dieser Taktik mehrfacher Millionär. Aber wie viele Jan Frodenos hat der Triathlon hervorgebracht? Sind nicht viel mehr Athleten ins Risiko gegangen und wurden zumindest in finanzieller Hinsicht nicht belohnt?!

Hinzu kommt die oben beschriebene Abhängigkeit der Gunst von Sponsoren. Sobald sich ein Sponsor zurückzieht, könnte es von heute auf morgen schon schwierig werden, über die Runden zu kommen.


Der Körper als Kapital


Des Weiteren ist man als Profisportler stark von der Gesundheit des eigenen Körpers abhängig. Schon kleinere Verletzungen oder Infekte können dazu führen, dass entscheidende Trainingslücken entstehen, die nicht mehr schnell genug geschlossen werden können. Dies wirkt sich häufig auch in finanzieller Hinsicht negativ aus, da beispielsweise geplante Rennen abgesagt werden müssen, für die ein gewisses Preisgeld bereits eingeplant war. Wenn ich in den letzten drei Jahren Profi gewesen wäre, wäre ich aufgrund meiner labilen Gesundheit seit 2020 vermutlich finanziell ruiniert gewesen. In den letzten Monaten war ich daher wirklich froh, einen Job zu haben, der zumindest unabhängiger von der eigenen Gesundheit ist, sodass ich nach wie vor ohne finanzielle Sorgen leben konnte.

Außerdem gilt es zu beachten, dass ein Trainingsumfang von 30-35 Stunden in der Woche nichts mehr mit Gesundheitssport zu tun hat. Im Gegenteil, der Ironmansport ist schon im Altersklassenbereich Hochleistungssport und Hochleistungssport ist Raubbau am Körper. Wenn man sich überlegt, dass Profis in der Regel das Doppelte trainieren, kann man sich ausmalen, dass der Sport Spuren hinterlässt, sei es in Form von orthopädischen Schäden oder kardiovaskulären Schäden. Dass Sport gesund ist, steht außer Frage, aber übertriebener Sport schadet dem eigenen Körper. Daher finde ich es auch tatsächlich hinterfragbar, wenn Profisportler die eigene Lebensweise als besonders gesund darstellen, weil dies einfach nicht stimmt. Auch ich weiß, dass ich meinem Körper schon häufig zu viel abverlangt habe, bin mir aber dessen völlig bewusst und kommuniziere das auch so. Vielleicht sind die Spuren während der Karriere noch nicht zu bemerken, aber es gibt eben auch eine Karriere nach der Karriere. Ob beispielsweise Eliud Kipchoge ein hohes Alter erreichen wird, sei mal dahingestellt...


Mangelnde gesellschaftliche Wertschätzung


Weiterhin habe ich das Gefühl, dass es dem Profisport ein wenig an gesellschaftlicher Wertschätzung fehlt. Für mich sind Profisportler, vom Gesundheitsaspekt einmal abgesehen, Vorbilder für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, da sie diesen vorleben, was man mit einer Vision, Disziplin und Motivation alles erreichen kann. Tatsächlich kann ich mich in dieser Hinsicht gut in die Sportler hineinversetzen, da der Lehrerberuf oftmals abqualifiziert wird, was kein schönes Gefühl ist, um ehrlich zu sein. Zugleich kann man natürlich die Frage aufwerfen, welche gesellschaftliche Relevanz der Profisport gerade in Zeiten des Russland-Ukraine-Konflikts oder der globalen Erderwärmung wirklich hat, eben weil oftmals vor allem egoistische Träume gelebt werden. Dennoch bin ich der Ansicht, dass jeder Mensch das Anrecht hat, das zu tun, was ihn erfüllt und möchte meine gerade formulierte Einschränkung nicht falsch verstanden wissen.


Meine neue Sicht auf den Profisport


Zusammenfassend kann ich festhalten, dass ich nach wie vor Profisportler*Innen bewundere, da sie meinen Traum leben, der mir leider aufgrund des mangelnden Talents verwehrt blieb. Wenn ich die Chance gehabt hätte oder sie noch einmal bekommen würde, Profisportler zu werden, würde ich nicht zögern. Dennoch hat die Podcastarbeit meine Sicht auf den Profisport doch ein wenig verändert und ich bin froh, dass ich nicht auf meinen Körper als Kapital angewiesen bin, eine gewisse finanzielle Sicherheit habe und vor allem auch Zeit in andere Projekte, die das Leben ebenso bereichern wie der Sport, stecken zu können. Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Mit dieser alten Weisheit möchte ich schließen und möchte von euch wissen, wie eure Sicht auf den Profisport ist.

Euer Alexander

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